Heidelberg - Christoph Gerber

Bericht

POLARLICHT am 13.03.1989, 23 Uhr MEZ (in Heidelberg) Vor 25 Jahren sah ich mein erstes Polarlicht. Nur: bei der Beobachtung am Abend des 13.3.1989 wusste ich noch nicht, dass es Polarlicht war! Wie so oft, musste der Zufall eingreifen. Und das war damals die Tagesschau am folgenden Abend, wo einleitend zur Wettervorhersage das Polarlicht erwähnt wurde: "Gestern abend waren gegen 23 Uhr gen Norden Polarlichter zu sehen gewesen". Das rief die Erinnerung an die Sichtung des Vorabends wieder auf, und ich notierte mir am Abend des 14.3. folgendes in mein Astro-Tagebuch: Mir war ein helles Leuchten über der Wolkenbank im N-NO aufgefallen, das ich zwar nicht auf den Mond zurückführen konnte, aber es beschäftigte mich auch nicht näher. Ich hätte das eher mit "Hochnebelschwaden" in Verbindung gebracht. Da fällt mir noch eins ein: Ich sah zwei "Kondensstreifen" - zumindest hielt ich es für solche, auch wenn ich mir sie auch nicht so recht erklären konnte. Sie waren sehr blaß und eigentlich viel zu "homogen"; der östliche war zudem viel zu breit - es mögen an die 10° gewesen sein. Ein bißchen weiter westlich von ihm - und parallel dazu - fand sich ein weiterer, aber viel schmaler - schon eher ein Kondensstreifen.
Die Erscheinung wäre mir auch nicht weiter aufgefallen, wenn ich nicht Augenblicke später erstaunt festgestellt hätte, dass sie sich erheblich nach Osten verlagert hatten (vielleicht 20–30°). Aber da war es schon so blaß, dass sie nicht weiter zu sehen waren. Sie verschwanden im "hellen Schein" über der Wolkendecke... Diese beiden Streifen kamen zunächst ziemlich direkt "aus" dem Haus im Norden und erstreckten sich bis in die Nähe des Zenits.
Hätte ich eben bei der Wettervorhersage nichts vom Nordlicht gehört, ich hätte obiges nicht wieder in Erinnerung gerufen und hätte es völlig vergessen - ich hätte den "Schein" nie auf ein Polarlicht zurückgeführt - hätte nie damit gerechnet - v.a. bei diesem nahezu "wolkenträchtigen" Himmel. Die Wolken waren de facto auf dem Rückzug, die Nacht wurde wohl klar. Früh morgens war es heute noch der klarste Himmel. Er zog sich am frühen Vormittag schnell zu.<
Aus dem Tagebuch folgt, dass ich in dieser Nacht um 00:15 Uhr (MEZ) Veränderliche (bei nur noch wenigen Wolken) beobachtet hatte. Damals standen ferner Jupiter und Mars in Konjunktion bei den Plejaden, und ich versuchte diese Konstellation zu fotografieren: am 13.3. um 21:45 >Versuch, mit Wolken!<, und dann noch einmal später: >ca. 23h? nochmal, o[hne] Wolken.
Anhand dieser Daten kann die Beobachtung des Polarlichtes auf den Zeitraum zwischen etwa 22 und 23 Uhr eingeschränkt werden, was mit der Fernsehansage gut übereinstimmt. Die (abziehenden) Wolken im Norden dürften einen Teil des Polarlichtes verdeckt haben. Es muss jedenfalls sehr eindrucksvoll gewesen sein - mit den beiden Beamern bis zum Zenit! Es war offenbar ein starker, aber nur sehr kurzer Sturm (substorm?) mit raschen Bewegungen bzw. dessen Maximum. Bei der Veränderlichenbeobachtung etwa 1 Stunde später war mir nichts mehr aufgefallen.
Für mich im Nachhinein sehr interessant ist die Wahrnehmungsgeschichte dieser Erscheinung. Zwar hatte ich schon mehrere Jahre Himmelsbeobachtung hinter mir - v.a. Helligkeitsschätzungen von Veränderlichen -, aber von Polarlichtern und deren Sichtbarkeit noch keinerlei Ahnung. Die erfolgte erst im April 2000, als ich das Polarlicht sah, es aber zunächst nicht einordnen konnte und im Verlaufe des Abends im Ausschlußverfahren auf Polarlicht gekommen bin. Die ungewohnten "Beamer" hatte ich mit "Kondensstreifen" verglichen und damit war die Sache abgehakt, auch wenn diese Kondensstreifen wortwörtlich "merkwürdig" waren (zumindest für 24 Stunden) und mich ihr sonderbares Verhalten nicht weiter beschäftigte - ich hätte wahrscheinlich gar nicht gewußt, mit was ich mich hätte beschäftigen sollen! Erst der konkrete Hinweis auf das Polarlicht am folgenden Abend brachte die "Merkwürdigkeit" doch noch einmal in Erinnerung - und den Eintrag in das Tagebuch. Heute weiß ich, dass es sog. beamer waren - dank der Hinweise, die ich mir damals notiert hatte. Wie viele ungewöhnliche Dinge sehen wir, aber können sie nicht einordnen, vergleichen sie mit etwas bekanntem - und schon ist die Beobachtung in einer "Schublade" abgelegt und auf nimmerwiedersehen verschwunden...