Unbekannte Erscheinung in Rumänien

von Michael Dachsel
Seit einiger Zeit befassen sich einige SHB-Mitglieder und Chemnitzer Hobbyastronomen mit einer fotografierten sonderbaren Himmelserscheinung aus Rumänien, die aufgrund ihres Beobachtungsortes mit "Rumänenhalo" eine vorläufige Bezeichnung erhalten hat. Leider fehlen jegliche Angaben zu verwendeter Kamera, Objektiv, Belichtungszeiten etc. Auch ist nicht zweifelsfrei bekannt, wie viele Beobachter tatsächlich das Phänomen gesehen haben oder ob es erst nachträglich auf den Fotos entdeckt wurde und somit eher technischen Ursprungs ist. Dennoch oder gerade deswegen ist um die Natur des "Rumänenhalos" eine nicht enden wollende Diskussion entbrannt. Zahlreiche Erklärungsversuche sind uns bereits eingegangen, auch ein Simulationsversuch mit HALOET wurde gestartet, aber ohne Ergebnis.
Aufnahme 1 des "Rumänien Halos"
Aufnahme 1
Aufnahme 2 des "Rumänien Halos"
Aufnahme 2
Im folgenden möchte ich eine kurze Beschreibung des Phänomens geben. Ein Bogen, offensichtlich weiß, elliptisch oder mehr einer Schleife ähnlich, zieht sich durch die Sonne. Bei Aufnahme 1 sieht er gleich groß aus. Auf der zweiten Aufnahme erscheint er viel größer und auch etwas aufgeblasen, darüber hinaus zeigen sich vor allem im unteren Teil einige Lichtknoten. Besonders fällt auf, daß der Horizont auf Bild 2 schief ist, der Bogen aber gerade abgebildet ist. Interessant ist auch, dass der Vordergrund in Bild 2 anders ist, aber der Mittelgrund (wohl eine Landzunge mit Bäumen) nur leicht, aber sichtlich gegenüber dem Hintergrund verschoben ist. Der Fotograf wird seinen Standpunkt um einige Meter (?) verändert haben. Der Bildmaßstab ist bei beiden Aufnahmen gleich, wie man an den Details in Mittel- und Hintergrund der Aufnahmen erkennen kann. Die Beobachtung wurde am Strand von Efornia-Nord (?) am Schwarzen Meer gemacht und laut Angabe am Vormittag. Dem Phänomen war in der Nacht zuvor (31.08.1986) ein Erdbeben (Stärke 6,5 Richter-Skala) vorausgegangen. Zur Zeit der Beobachtung war es sehr dunstig und windig. Nun zu den Deutungs- und Erklärungsversuchen: Zunächst wurde vermutet, dass es sich um andere Kristalle, als um Eiskristalle handeln müsste, da diese einen anderen Brechungsindex haben und somit andere Erscheinungen erzeugen würden. Salzkristalle, die durch feinste Wassertröpfchen (die natürlich in der Luft verdunsten und die Kristalle zurücklassen) in die Luft gelangen, wurden für die Erscheinung verantwortlich gemacht. Eine weitere Theorie: da das Schwarze Meer recht Schwefelwasserstoff haltig ist (am Meeresgrund in Faulstoffen vorhanden), könnte aber auch Schwefelwasserstoff H2S infolge des Erdbebens an die Oberfläche gelangt sein und ist hier unvollständig verbrannt. Hierbei wurden Schwefelkristalle freigesetzt, die dann für die sonderbare Erscheinung gesorgt haben könnten. Was uns nun fehlt, sind theoretische und vor allem chemische Kenntnisse, die unsere Überlegungen be- oder widerlegen. Weiterhin wurde von M. Vornhusen vermutet, dass die Fotos durch eine Fensterscheibe aufgenommen wurden. Verunreinigungen/Verschmierungen auf der Scheibe (ähnlich verschmierter und mit Scheibenwischer kurz gewischter Autoscheibe) sollten den seltsamen Reflex erzeugt haben. Die unterschiedliche Größe des Bogens wird mit unterschiedlichem Abstand des Fotografen zur Scheibe erklärt. Allerdings müsste sich ein von der Sonne beschienenes Objekt in der Scheibe spiegeln, davon ist aber auf den Fotos nichts zu sehen. Interessanterweise hat aber eine "Fensterscheibensimulation" des Phänomens von C. Hinz mit kreisförmigen Wischbewegungen die gleichen Effekte erzeugt. Die Rumänen versicherten aber mehrfach, dass die Erscheinung real war und von mehreren Beobachtern gesehen wurde (kann aber nicht nachgeprüft werden). Also lassen wir die Fensterscheiben-Erklärung wegfallen. Eine weitere Erklärung wäre eine Reflexion an Mücken- oder Insektenflügeln (was zumindest den schiefen Bogen auf Bild 2 erklären würde) oder die Form des Bogens hat etwas mit der Wasseroberfläche zu tun. Die Sonne spiegelt sich darin und das Spiegelbild ist die Lichtquelle des "Halos". In einem Artikel (METEOROS 09/99) beschreibt Attila Kósa-Kiss aus Salonta/Rumänien seine Beobachtung einer "Himmelsmedusa", welche er ebenfalls nach dem Erdbeben vom 31.8.1986 in der Nacht zum 1.9.1986 gegen 2 Uhr UT sah. Er nennt u.a. das Auftauchen einer kleinen Blase zwischen Gebäuden und weiter entfernten Bäumen, nach oben konvex gewölbt. Sie stieg langsam höher und verwandelte sich in eine große halbkreisförmige Kuppel. Sie war sehr gleichmäßig ausgebildet und schien in hellem, silberbläulichem Licht am dunklen Nachthimmel. Dann formte sich an der rechten Seite der Kuppel einarmähnliches Teilstück, das ein wenig von der Kuppel entfernt war. Nach ein paar Minuten schrumpfte die Erscheinung und verblasste. Desweiteren beschreibt er seltsame Leuchterscheinungen, die während einer Erdbebenserie 1965-1967 in Japan gesehen und fotografiert wurden. Diese ähnelten dem von ihn selbst gesehenen Phänomen. Vielleicht ist das "Rumänenhalo" und auch die Himmelsmedusa bzw. die genannten anderen Leuchterscheinungen (in Form, Lage, veränderlicher Größe) nichts anderes als die direkt beobachtete Verbrennung unterschiedlich großer Gasblasen aus H2S oder anderer Gase, die in Verbindung mit einem Erdbeben freigesetzt werden? Am wahrscheinlichsten kommt aber als Erklärung des "Rumänenhalo" ein Objektivfehler oder ein verschmutztes bzw. verschmiertes Objektiv in Frage. Das Bild 2 zeigt ja einen schiefen Horizont (Kamera wurde schief gehalten), doch der Bogen kam dennoch gerade aufs Bild. Bei einer realen Erscheinung hätte er ebenfalls schief abgebildet sein müssen. Früher waren Objektive mit Plastiklinsen im Ostblock durchaus verbreitet und genügten einfachen Ansprüchen. So ist es naheliegend, dass eine Kamera mit Plastiklinsen verwendet wurde und der eigenartige Reflex aufgrund des verwendeten Materials und evtl. mangelhafter Verarbeitung entstanden ist. Beim schiefen Halten der Kamera strahlt die Sonne in einem anderen Winkel auf die evtl. vorhandene Verschmutzung/Verschmierung, so dass der Bogen im 2. Bild größer ist als auf den anderen Bildern. Also scheint es eine Gemeinsamkeit des "Rumänenhalos" mit einigen echten Halos zu sein, dass sie Form und Aussehen mit unterschiedlichem Sonnenstand ändern. Soweit die Zusammenfassung der Gedanken, die von einigen Mitgliedern des "Chemnitzer Freundeskreises Astronomie" und SHB-Mitgliedern geäußert wurden. Obwohl der letzte Gesichtspunkt der Wirklichkeit am nächsten zu sein scheint, wollten wir aber auch andere, alternative Deutungsversuche ins Feld führen und das ganze an dieser Stelle nun öffentlich zur Diskussion stellen.

Update 15.09.2016

Am 21. August 2016 erreichte uns eine E-Mail von Johannes Knöferle. Er fotografierte die folgende Erscheinung in Chile, die dem "Rumänienhalo" stark ähnelt.
Erscheinung in Chile
Johannes schrieb folgendes: "Vor dem Kreuz des Südens / Kohlesack steht mein Reisestativ mit einer Nachführung. Das helle rote Licht ist die Beleuchtung des Polsuchers. Es erzeugt einen Halo, der dem in Rumänien beobachteten Phänomen verdächtig ähnelt. Ich bin mir sicher, dass es sich dabei um eine Reflexion im Inneren des Objektives handelt (nicht ordentlich geschwärzte Fassung oder Linsenrand, evtl. auch Grenzfläche), die bei sehr intensiven punktförmigen Lichtquellen einen solchen Halo erzeugt. Je weiter das helle Objekt von der Bildmitte entfernt ist, umso größer der Halo. Hier einige Bilder aus einem Versuch von grade eben:"
Objektiv
Linsenreflex
Es handelt sich hier um eine helle LED. Die Aufnahmen entstanden mit einem Tokina 24 mm, 2.8 voll aufgeblendet. Offenbar habe ich dieses Objektiv auch für die Astroaufnahme oben verwendet. Andere Objektive ergaben bei dem Versuch entweder keinen, oder einen anderen Halo, je nach Qualität/Art der Optik.