Die Offenbarung des Johannes

Beschreibung einer Haloerscheinung

Die Offenbarung des Johannes entstand etwa um 95 n. Chr. Der Autor, der sich schlicht Bruder Johannes nennt, ist nicht mit dem Apostel Johannes identisch. Er befindet sich nach seinen Angaben am Herrentag auf der Insel Patmos, als Gott ihn beauftragt, das was er sieht aufzuschreiben und an seine sieben Gemeinden in Kleinasien zu schicken. Die Himmelsvisionen, die er beobachtet, weisen viele Gemeinsamkeiten mit Haloerscheinungen auf. Im Folgenden soll gezeigt werden, daß der Johannesoffenbarung die Beobachtung einer Haloerscheinung zugrunde liegt. Schon in der brieflichen Einleitung (Off 1, 7) heißt es:
"Siehe, er (gemeint ist Jesus Christus) kam mit den Wolken,..". Eiskristalle, die Haloerscheinungen hervorrufen, finden sich zumeist in dünnen Schleierwolken. Erst wenn solche Wolken den Himmel überziehen, entstehen auch die Halos.
Seine Vision beginnt mit folgender Beobachtung:
"Da wandte ich mich um, die Stimme zu sehen, die mit mir sprach. Und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter und mitten unter den Leuchtern einen, wie einen Menschensohn, angetan mit einem bis zu den Füßen reichenden Gewandt und an der Brust umgürtet mit einem goldenen Gürtel. Sein Haupt und seine Haare waren weiß wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme. Und seine Füße glichen Golderz, das im Schmelzofen glüht, und seine Stimme war wie das Rauschen gewaltiger Wassermassen. In seiner rechten Hand hielt er sieben Sterne, und aus seinem Mund kam ein scharfes, zweischneidiges Schwert; und sein Aussehen glich der in ihrer vollen Kraft strahlenden Sonne."
Das an der Brust umgürtete Gewand
Die Füße, die wie Golderz glühen
Einer der Leuchter
Das zweischneidige Schwert
Daß sein Aussehen der Sonne glich, ist verständlich: Es war die Sonne selbst, die Johannes sah. Er erkannte die Sonne nicht, da um sie herum eine Vielzahl geometrischer Figuren zu sehen war, wie er es noch nie erlebt hatte. Bei dem bis zu den Füßen reichenden Gewandt und dem Haupt des Menschensohns, handelt es sich um den 22° -Halo. Seine Beobachtung, daß die Haare und sein Haupt weiß wie Schnee waren, stimmt mit der vorherrschenden Farbe des 22° -Halos überein. Oft sieht man an der Außenseite des 22° -Halos auch haarartige Fransen, die durch die faserige Struktur der Cirruswolken entstehen. Bei den Augen, die wie Feuerflammen aussehen, handelt es sich um die 22° Nebensonnen. Noch heute werden Nebensonnen von Zufallsbeobachtern oft als flammende Gebilde beschrieben. Der Vergleich mit Flammen drängt sich bei Nebensonnen geradezu auf. Der Gürtel um die Brust ist der Horizontalkreis, der anscheinend nur innerhalb des 22°- Halos zu sehen war. Der Horizontalkreis geht dann aber bis zu den Nebensonnen. In diesem Fall hätte Johannes wohl eher den Eindruck gehabt, daß der Gürtel über das Gesicht verläuft. Seine Beobachtung des etwas tiefer liegenden Gürtels läßt sich dadurch erklären, daß der Horizontalkreis nicht bis zu den Nebensonnen ausgebildet war, sondern sich nur bis etwa 15° rechts und links der Sonne erstreckt hat. In diesem Fall ergibt sich in etwa der Eindruck, daß der Horizontalkreis um die Brust verläuft. Sehr entscheidend ist die Frage, welche Höhe die Sonne bei Beginn seiner Visionen hatte. Viele Haloarten verändern sich stark mit der Sonnenhöhe, oder können bei bestimmten Sonnenständen nicht mehr entstehen. Einen ersten Hinweis gibt die Beobachtung, daß die Füße der Person glühendem Golderz glichen. Also war unterhalb des Gewands eine weitere Haloart sichtbar, die die Form von Füßen hat. Dabei handelt es sich um den unteren Berührungsbogen zum 22°- Halo. Bei einer Sonnenhöhe von 25° sieht diese Haloart tatsächlich Füßen sehr ähnlich. Die Farbe des unteren Berührungsbogens ist weiß, das leicht ins bräunlich-rote geht. Dies stimmt gut mit der Farbe von glühendem Erz überein. Zudem kann der untere Berührungsbogen blendend hell ("glühend") werden. Festzuhalten bleibt, daß die Sonnenhöhe mindestens 25° betragen haben muß, damit der unterhalb des 22° -Halos liegende Berührungsbogen gut sichtbar ist. Diese Sonnenhöhe stimmt auch gut mit der Beobachtung der Nebensonnen und des wie ein Gürtel aussehenden Horizontalkreises überein. Weniger gut paßt diese Sonnenhöhe aber zu dem zweischneidigen Schwert, wobei als Haloerscheinung nur eine Lichtsäule in Betracht kommt. Lichtsäulen entstehen vorwiegend bei tiefem Sonnenstand, etwa von 0-10° . Solch eine Sonnenhöhe würde aber die Beobachtung eines unteren Berührungsbogens unmöglich machen, da er sich dannnoch unterhalb des Horizontes befindet. Denkbar ist allenfalls, daß die Haloerscheinung im Eisnebel am Boden gesehen wurde. Allerdings befindet sich Johannes, wenn man seinen Angaben glauben schenkt, auf der Insel Patmos und die liegt viel zu weit südlich, so daß dort auch im Winter nicht die tiefen Temperaturen (unter -10°C) auftreten, die zur Entstehung von Eisnebel erforderlich sind. Daher dürfte es sich hier um den doch recht seltenen Fall einer Lichtsäulebei einem Sonnenstand von 25° handeln. Lichtsäulen bei diesem Sonnenstand sind zwar selten, aber doch nicht unmöglich. In der SHB gibt es mehrere Beobachtungen von Lichtsäulen bei diesem Sonnenstand. Entsprachen die bisherigen Bezeichnungen der Halos durch Johannes noch recht gut dem wirklichen Aussehen, so ist es bei den sieben goldenen Leuchtern und den sieben Sternen an seiner Rechten schwieriger eine Beziehung zu Halos zu finden. Die goldenen Leuchter könnten die 120°-Nebensonnen sein. Davon gibt es allerdings nur zwei und nicht sieben. Die Zahl sieben darf man aber nicht unbedingt als reale Beobachtung werten. Sein Schreiben ist an die sieben Gemeinden gerichtet, und die sieben Leuchter stehen für seine Gemeinden. Überhaupt sind die Zahlenangaben in seinem Brief symbolisch gemeint. Immer wieder kommen die Zahlen sieben und vierundzwanzig vor. Dafür, daß es sich bei den Leuchtern um die 120° Nebensonnen handelt, spricht, daß er die Leuchter sah als er sich umwandte. Die 120° Nebensonnen liegen so weit auseinander, daß man sie gerade bei tiefem Sonnenstand nur sehen kann, wenn man sich umwendet. Nur die Augen schweifen zu lassen, reicht nicht aus. Die sieben Sterne lassen sich dagegen nicht mit Halos in Verbindung bringen.
"Und siehe, ein Thron stand im Himmel, und auf dem Thron saß Einer. Und der Sitzende war anzusehen wie ein Jaspisstein und ein Karneol, und über dem Thron wölbte sich ein Regenbogen, der wie Smaragd aussah..."Und sieben Feuerfackeln brennen vor dem Thron, das sind die sieben GeisterGottes. Und vor dem Thron war etwas wie ein gläsernes Meer, gleich Kristall."
Der Thron im Himmel
Eine Feuerfackel
Der Regenbogen über dem Thron
Als nächstes nimmt Johannes einen Thron im Himmel war. Bei einer Sonnenhöhe von 15-35° ähnelt die Form des oberen Berührungsbogens einem Thron. In der Mitte eine Sitzmulde und an den Seiten Armstützen. Der Thron ist also der obere Berührungsbogen zum 22°- Halo. Es ist etwas verwunderlich, daß er den Thron nicht schon im ersten Bild beschrieben hat. Schließlich war der untere Berührungsbogen zu sehen. In den gleichen Eiskristallen entsteht auch der obere Berührungsbogen. Vorstellbar ist, daß die Eiswolken, die vorwiegend aus Säulenkristallen bestehen, im ersten Bild noch am Horizont standen, so daß nur der untere Berührungsbogen zu sehen war. Anschließend zogen diese Wolken näher heran und auch der obere Berührungsbogen entstand. Dieser Vorgang nimmt keine lange Zeit in Anspruch, so daß die Sonnenhöhe etwa 26° betragen hat. Johannes fährt fort, daß auf dem Thron einer saß, der aussah wie Jaspisstein und Karneol. Als Haloerscheinung, die direkt auf dem oberen Berührungsbogen liegt, kommt nur der Parrybogen in Betracht. Die Farbe des Parrybogens stimmt mit der von Johannes beschriebenen Farbe überein. Karneol ist ein Mineral, das eine rote Farbe hat und durchsichtig ist. Jaspisstein ist ein weißer, durchsichtiger Stein, der im Licht leuchtet. Genau dies entspricht der Farbe des Parrybogens. Er ist zur Sonne hin rot und nach außen eher weiß. Der Vergleich mit Jaspisstein zeigt, daß er außergewöhnlich hell war. Überhaupt ist der Vergleich von Halos mit Edelsteinen und Mineralien sehr gut, da Halos nur gespiegeltes und gebrochenes Licht sind. Jetzt wird die Übereinstimmung mit Halos noch deutlicher. Johannes schreibt, daß sich über dem Thron ein Regenbogen wölbte. Bei einem Sonnenstand von 26° gibt es zwei verschiedene Haloarten, die über dem oberen Berührungsbogen liegen und wie ein Regenbogen aussehen. Einmal den Zirkumzenitalbogen und zum anderen den Supralateralbogen. Wahrscheinlicher ist, daß es sich um den Zirkumzenitalbogen handelt, da dieser viel häufiger auftritt und eher die Helligkeit eines Regenbogens erreicht. Außerdem waren auch Nebensonnen und der Parrybogen sichtbar. Kristalle die diese Halos erzeugen, verursachen auch den Zirkumzenitalbogen. Daß Johannes den Zirkumzenitalbogen als Regenbogen bezeichnet, ist mehr als verständlich. Auch heutzutage wird der Zirkumzenitalbogen immer wieder mit dem Regenbogen verwechselt. Der Zirkumzenitalbogen kann bei einer Sonnenhöhe von 0-32° auftreten. Bei 26° ist er schon recht nahe dem Zenit und nicht so breit und auffällig wie bei tiefem Sonnenstand. Die Nebensonnen werden wieder als Feuerfackeln bezeichnet. Das übereinstimmende Aussehen von Nebensonnen und einer Feuerfackel, kennt jeder, der schon einmal helle Nebensonnen gesehen hat. Daß es sieben Feuerfackeln sind, beruht wieder auf der Zahlensymbolik. In Wirklichkeit können nur zwei Nebensonnen gesehen werden. Interessant ist die Aussagen, daß vor dem Thron etwas wie ein gläsernes Meer, gleich Kristall, war. Es gibt einen deutlichen Bezug zu Halos, die ja durch Lichtbrechung und Spiegelung in Eiskristallen entstehen. Worum könnte es sich bei dem gläsernen Meer handeln? Man könnte zunächst vermuten, daß es sich doch um eine Haloerscheinung im Eisnebel handeln muß. Dafür spricht, daß er das Meer vor dem Thron sieht, also nicht darüber oder darunter. Im Eisnebel glitzern die nahen Eiskristalle im Sonnenlicht und man bekommt einen räumlichen Eindruck von der Haloerscheinung. Die Bezeichnung gläsernes Meer könnte kaum besser sein. Unter Halobeobachtern nennt man diese Erscheinung auch Diamantstaub oder "Diamond Dust". Aber es wurde ja schon oben erwähnt, daß es auf der Insel Patmos nicht so kalt wird, daß Eisnebel entstehen kann. Die einzige Erklärung ist, daß es sich dabei um die aufgehellte Fläche zwischen dem oberen Berührungsbogen und dem Parrybogen handelt. Bei sehr hellen Haloerscheinungen ist ein Vergleich zu dem gläsernen Meer durchaus zutreffend. Johannes könnte den Eindruck gehabt haben, daß die helle Fläche den oberen Berührungsbogen und den Parrybogen nahezu verdeckt, so daß er glaubte, das Meer befinde sich vor dem Thron. Allein diese Beobachtung spricht schon für eine außergewöhnlich gute Beobachtungsgabe des Johannes.
"Und ich sah zwischen dem Thron und den vier Lebewesen und inmitten der Ältesten ein Lamm, stehend, wie geschlachtet; es hatte sieben Hörner und sieben Augen; die Augen sind die sieben Geister Gottes, die über die ganze Erde ausgesandt sind. Und es trat heran und empfing das Buch aus der Rechten dessen, der auf dem Thron saß."
In dieser Übersetzung wird das griechische Wort "arnion" mit Lamm übersetzt. "arnion" bedeutet im damaligen Griechisch aber sowohl Lamm als auch Widder. Ersetzt man das Lamm durch den Widder, läßt es sich mit einer Haloerscheinung assoziieren. Es handelt sich nicht um eine neue Haloart, sondern um die Kombination des 22°- Halos mit dem oberen Berührungsbogen. Das so entstandene Bild ähnelt dem Kopf eines Widders, wobei der weit ausgeschwungene Berührungsbogen die Hörner bildet. Der obere Berührungsbogen ist also zugleich Thron als auch das Gehörn des Widders. Die beiden Bilder springen in Gedanken hin und her, so wie bei den bekannten Sigmund Freud Bildern, bei denen zwei verschiedene Bilder so vereinigt sind, daß es nur auf den Betrachter ankommt, welches er gerade wahrnimmt. Hier macht der Autor aus den zwei Hörnern und den zwei Augen (Nebensonnen) aufgrund der Zahlensymbolik wieder sieben Augen und Hörner. Das Lamm (Widder) trat heran und empfing das Buch aus der Rechten dessen, der auf dem Thron saß. Auf dem "Thron" sitz der Parrybogen. Anscheinend war zu dieser Zeit nur noch die rechte Hälfte des Parrybogens zu sehen. Mit steigender Sonnenhöhe nähert sich der Parrybogen dem oberen Berührungsbogen an, so daß sie sich beinahe vereinigen. Das Geschehen dürfte sich bei einem von 27° auf etwa 40° steigenden Sonnenstand abgespielt haben. Das Buch könnte der über den oberen Berührungsbogen überstehende Teil des Parrybogens sein. Der Eindruck, daß das Lamm an den auf den Thron sitzenden herantrat, läßt sich damit erklären, daß der 22° Halo mit der Sonne nach oben steigt, der Parrybogen aber langsamer steigt und schließlich die beiden Halos fast zusammenfallen. Dieser Vorgang dauert recht lange, was sich dadurch zeigt, daß die sieben Siegel des Buches nur nach und nach geöffnet werden. Zwischendurch erscheinen immer wieder neue Visionen, die nicht so einfach mit Haloerscheinungen zu erklären sind. So zum Beispiel nach dem Öffnen des ersten Siegels : Es "erschien ein weißes Roß; und der der darauf saß, hatte einen Bogen, und es wurde ihm ein Kranz gegeben,..". Aber selbst hier gibt es eine Parallele zu Haloerscheinungen, die ja häufig in Bogen und Kranzform auftreten.
Beim Öffnen des 5. Siegels ist die Erklärung einfacher:
"Und als es (das Lamm) das fünfte Siegel öffnete, sah ich am Fuße des Altars die Seelen derer, die hingeschlachtet worden waren wegen desWortes Gottes und wegen des Zeugnisses, das sie festhielten."
Die Plattform des Altars
Hier spricht der Autor plötzlich von einem Altar, von dem vorher nie die Rede war. Dies beruht auf der Veränderung des oberen Berührungsbogens mit der Sonnenhöhe. Richtiger Weise müßte man jetzt von dem umschriebenen Halo sprechen, da sich der untere und obere Berührungsbogen bei dieser Sonnenhöhe vereinigen können.Der umschriebene Halo war aber nicht voll entwickelt, so daß nur der obere Teil zu sehen war. Bei etwa 40° ist der obere Teil des umschriebenen Halos weit ausgeschwungen und auch die Mulde direkt über dem 22°- Halo ist nahezu verschwunden. In diesem Fall wirkt der Halo wie eine Plattform, die auf dem 22° -Halo steht, so daß der Eindruck, es handelt sich um einen Altar, nachzuvollziehen ist. Am Fuße des Altars (22°- Halo) befinden sich die Seelen derer, die hingeschlachtet wurden. Für Blut steht die Farbe rot. Und diese Farbe ist beim unteren Teil des umschriebenen Halos vorherrschend. Daher handelt es sich bei den Seelen der hingeschlachteten um den unteren Teil des umschriebenen Halos. Auch die Altarplatte hat eine rote Farbe, wie sich aus Off 8,5 ergibt. Dort heißt es: "Danach nahm ein Engel Feuer vom Altar und warf es auf die Erde". Dies sprich ebenfalls für die Annahme, daß es sich bei der Altarplatte um den oberen Teil des umschriebenen Halos handelt.
Nachdem alle sieben Siegel geöffnet sind beginnt ein dramatisches Geschehen:
"Da erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau bekleidet mit der Sonne, und mit dem Mond unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupt ein Kranz von zwölf Sternen, und sie ist schwanger und schreit in Wehen und Geburtsqualen."
Die schwangere Frau
Jetzt ist die Sonne noch höher gestiegen etwa 45° und der umschriebene Halo komplettiert sich. So entsteht der Eindruck einer schwangeren Frau. Ihr Bauch ist der noch weit ausladende vollständig umschriebene Halo und ihr Kopf der Horizontalkreis (Kranz mit zwölf Sternen). Mit weiter steigender Sonne nähert sich der umschriebene Halo langsam dem 22°- Halo an. Das dünner werden des Bauches sieht der Autor als Geburt an. Die rote Farbe des umschriebenen Halos zeigt ihm, daß die Frau großen Geburtsqualen ausgesetzt ist. Die Proportionen von Kopf und Bauch bleiben auch bei steigender Sonnenhöhe fast gleich, da auch der Horizontalkreis einen kleineren Durchmesser bekommt.
"Und ein anderes Zeichen erscheint am Himmel, und siehe; ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen, und sein Schwanz fegt den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde. Und der Drache steht vor der Frau, die gebären soll, um ihr Kind zu verschlingen, sobald sie es geboren hat."
Der feuerrote Drache
Die Sonne ist noch höher gestiegen, etwa auf 70°. Bei dieser Sonnenhöhe liegt der umschriebene Halo nah an dem 22°-Halo. Für den Autor ist die Geburt fast vollendet, als ein Drache erscheint. Seine Größe und rote Farbe sprechen für den Zirkumhorizontalbogen, der unterhalb des umschriebenen Halos liegt und aus Sicht des Autors, das nach unten fallende Kind verschlingen wird. Selbst die Größenangabe, "er fegt den dritten Teil der Sterne hinweg", stimmt, da der Zirkumhorizontalbogen etwa ein Drittel des Himmels umspannt.
"Und es begann ein Krieg am Himmel: Michael und seine Engel erhoben sich, um Krieg zu führen mit dem Drachen. Und der Drache und seine Engel nahmen den Kampf auf, konnten sich aber nicht halten, und es fand sich für sie kein Ort mehr im Himmel. Und hinabgeworfen wurde der große Drache, die alte Schlange, die der Teufel und der Satan heißt, der den ganzen Erdkreis verführt- er wurde auf die Erde hinabgeworfen, und seine Engel wurden mit ihm hinabgeworfen."
Die Sonne hat ihren Höchststand überschritten und beginnt zu sinken. Mit ihr nähert sich auch der Zirkumhorizontalbogen dem Horizont und "wird zur Erde hinabgeworfen".
"Als der Drache sah, daß er auf die Erde hinabgeworfen war, verfolgteer die Frau, die den Knaben geboren hatte. Und der Frau wurden die zwei Flügel des Adlers gegeben, damit sie in die Wüßte an ihren Ortfliege, wo sie, fern von der Schlange, eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit ernährt wird."
Der Flügel des Adlers
Der Eindruck, daß der Drache die Frau verfolgt, läßt sich mit dem Lauf der Sonne erklären. Mit der Sonne bewegt sich auch der Zirkumhorizontalbogen, was bei diesem sehr auffällig ist, wenn er sich tief am Horizont befindet. Die Anmerkung, daß die Frau den Knaben geboren hat, bedeutet, daß der umschriebene Halo nicht mehr vorhanden ist. Die Farbe hat von rot auf weiß gewechselt- es ist nur noch der 22°- Halo zu sehen. Die Frau hat aber Flügel bekommen. Dabei handelt es sich um den Horizontalkreis, der nun nicht mehr vollständig ist, sondern nur noch etwa zur Hälfte zu sehen ist. Dies ergibt jetzt den Eindruck von Schwingen. Zuvor war der Horizontalkreis bei hohem Sonnenstand vollständig und auch kleiner, so daß er noch für den Kopf der Frau gehalten wurde.
Nachdem der Drache besiegt ist, tauchen zwei neue Wesen auf:"Und ich sah aus dem Meer ein Tier aufsteigen, das hatte zehn Hörner und sieben Köpfe, und auf seinen Hörnern zehn Diademe, und auf seinen Köpfen gotteslästerliche Namen. Und das Tier, das ich sah, glich einem Panther,und seine Füße waren wie Tatzen eines Bären und sein Maul wie das Maul eines Löwen. Und der Drache gab ihm seine Macht und seinen Thron und große Gewalt. Und einen von seinen Köpfen sah ich wie zu Tode getroffen, aber eine tödliche Wunde wurde wieder geheilt." Darauf kommt noch ein weiteres Tier hinzu.
"Und ich sah ein anderes Tier aus dem Land heraufsteigen, und es hatte zwei Hörner wie ein Lamm, und es redete wie ein Drache. Und es übt die ganze Macht des ersten Tieres vor dessen Augen aus.(...)Und es tut sogroße Zeichen, daß es sogar Feuer vom Himmel auf die Erde herabfallen läßt vor den Augen der Menschen."
Eines der Tiere
Die beiden Tiere ähneln dem Drachen ("es redete wie der Drache"). Sowohl der Drache als auch das erste Tier wird mit "sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen" beschrieben. Die beiden neuen Halos müssen also eine große Ähnlichkeit mit dem Zirkumhorizontalbogen haben. Dafür kommt bei einem Sonnenstand von etwa 40° nur der linke und rechte Infralateralbogen in Betracht. Es ist gut vorstellbar, daß im Abstand von jeweils etwas über 40° rechts und links der Sonne ein Infralateralbogen emporragte. Der eine aus dem Meer, der andere aus dem Wasser. Dafür sprich auch, daß er Feuer vom Himmel auf die Erde fallen läßt. Rot ist bei einem Infralateralbogen sehr auffällig.
"Und ich sah den Himmel offen, und siehe, ein weißes Pferd, und der auf ihm sitzt, heißt Treu und Wahrhaftig, und gerecht richtet er und führter Krieg. Seine Augen sind wie eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt trägt er viele Diademe, und einen Namen trägt er geschrieben, den niemand kennt als er allein. Und er ist bekleidet mit einem blutgetränkten Gewand, und sein Name heißt: Das Wort Gottes. Und die Heere im Himmel folgen ihm auf weißen Pferden, sie waren in reines weißes Leinen gekleidet. Und aus seinem Mund kam ein scharfes Schwert,..."
Das Diadem auf seinem Haupt
Jetzt steht die Sonne noch tiefer am Horizont. Die Sonnenhöhe dürfte etwa 25° betragen haben. Wie bereits erwähnt, ist eine Lichtsäule (Schwert) bei diesem Sonnenstand zwar selten, aber durchaus möglich. Das blutgetränkte, also rote, Gewand ist der Supralateralbogen, der etwa einen Abstand von etwa 44° zur Sonne hat und dessen vorherrschende Farbe rot ist. Bei den Diademen auf seinem Haupt handelt es sich um den Zirkumzenitalbogen, der direkt über den Supralateralbogen liegt. Bei den Heeren im Himmel, die ihm folgen, könnte es sich um die 120° Nebensonnen handeln. Das weiße Pferd, auf dem "er" sitzt, dürfte der untere Berührungsbogen sein. In diesem Fall erscheinen die Nebensonnen als Augen des Mannes, dessen Körper der 22°-Halo bildet. Sähe man den 22°- Halo als das weiße Pferd an, dann sind die Nebensonnen eher die Augen des Pferdes und nicht die des Mannes.
"Und ich sah einen Engel vom Himmel herabsteigen, der den Schlüssel zum Abgrund und eine schwere Kette auf seiner Hand hatte. Und er ergriff den Drachen, die alte Schlange, die der Teufel und der Satan ist, und fesselte ihn für tausend Jahre und warf ihn in den Abgrund, schloß zu und drückte ein Siegel darauf,..."
Bei der Kette könnte es sich um den Horizontalkreis handeln, der sich bis zum Infralateralbogen ausbreitete und ihn "fesselte". Daß der Drache in den Abgrund geworfen wird, läßt sich mit der sinkenden Sonne erklären. Mit ihr sinkt auch der Infralateralbogen zusammen mit dem Horizontalkreis zum Horizont, also in den Abgrund. Es ist allerdings nicht anzunehmen, daß er den "gefesselten Infralateralbogen" bis zum Sonnenuntergang gesehen hat. Vielmehr wird die Fesselung bei etwa 20° Sonnenhöhe begonnen haben, worauf sich dann der Infralateralbogen immer mehr zurückbildetet, bis schließlich nur noch ein kleines Stück über den Horizont ragte.
"Und ich sah einen großen Thron und den, der darauf saß; vor seinemAnblick flohen die Erde und der Himmel und es gab keinen Ort mehr für sie."
Wie zu Beginn der Vision sieht der Autor den Thron wieder. Dabei handelt es sich um den oberen Berührungsbogen. Die Sonnenhöhe dürfte etwa bei 20° gelegen haben, damit der obere Berührungsbogen einem Thron sehr ähnlich sieht.
Als letztes Bild sieht Johannes die neue Stadt Jerusalem:
Da entrückte er mich in der Verzückung auf einen großen, hohen Bergund zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabkam, erfüllt von der Herrlichkeit Gottes. Sie glänzte wieein kostbarer Edelstein, wie ein kristallklarer Jaspis. Die Stadt hat eine große und hohe Mauer mit zwölf Toren und zwölf Engeln darauf. (...)Die Stadt war viereckig angelegt und ebenso lang wie breit. (...) Ihre Mauer ist aus Jaspis gebaut, wie aus reinem Glas. Die Grundsteine der Stadtmauer sind mit edlen Steinen aller Art geschmückt. (...) Die zwölf Tore sind zwölf Perlen; jedes der Tore besteht aus einer einzigen Perle. Die Straße der Stadt ist aus reinem Gold, wie aus klarem Glas. EinenTempel sah ich nicht in der Stadt. Denn der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung, ist ihr Tempel, er und das Lamm. Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm.(...) Und er zeigte mir einen Strom, das Wasser des Lebens, klar wie Kristall; er geht vom Thron Gottes und des Lammes aus. Zwischen der Straße der Stadt und dem Strom, hüben und drüben, stehen Bäume des Lebens. Zwölfmal tragen sie Früchte, jeden Monat einmal; und die Blätter der Bäume dienen zur Heilung der Völker.
Die Stadtmauer
Ein Stadttor
Auf den ersten Blick mag es unmöglich erscheinen, die von Johannes beschriebene Stadt Jerusalem mit einem Halophänomen in Verbindung zu bringen. So müssen Stadtmauer, Grundsteine, Straße, Fluß, Bäume, Stadttore, das Lamm und der Thron Gottes durch Halos erklärt werden. Der Schlüssel zu diesem Bild ist, daß Johannes die Stadt aus der Vogelperspektive sieht. Ihm wird die Stadt von einem hohen Berg aus gezeigt. Dennoch sieht er die Stadt vom Himmel herabsteigen. Man muß es sich etwa so vorstellen, daß Johannes einen riesigen Stadtplan am Himmel sieht. Die Stadtmauer ist der Horizontalkreis, den Johannes jetzt erstmals vollständig bei tiefem Sonnenstand sieht. Die Ausbreitung des Horizontalkreises hatte schon zuvor begonnen, als er sich bis zum Infralateralbogen erstreckte und ihn "fesselte". Durch den vollständigen Horizontalkreis ergibt sich für Johannes ein völlig neues Bild am Himmel, da sich alle bisherigen Erscheinungen auf der Sonnenseite und in der Nähe des Zenits abgespielt haben. Jetzt sieht er einen "neuen Himmel", da sich die Erscheinung bis zum Sonnengegenpunkt erstreckt. Der Autor beschreibt die Stadtmauer als ebenso lang wie breit, was auf den Horizontalkreis zutrifft. Die Mauer ist aus Jaspis gebaut, wie aus reinem Glas. Jaspis ist ein weißer, durchsichtiger Stein und auch der Horizontalkreis hat eine weiße Farbe. Schon zuvor wurde der, der auf dem Thron sitzt (Parrybogen), mit Jaspis beschrieben. Der Vergleich mit Jaspis deutet darauf hin, daß der Horizontalkreis eine sehr große Helligkeit hatte. Allerdings wardie Stadt viereckig und nicht kreisförmig wie der Horizontalkreis. Johannes bezieht sich hier auf die Beschreibung der heiligen Stadt durch Ezechiel. Danach mißt die heilige Stadt in allen Himmelsrichtungen 4500 Ellen, ist also quadratisch (Ez 48,30-35). Die Leser, an die sich Johannes mit seinem Brief wendet, kannten den Grundriß der heiligen Stadt durch die Beschreibung von Ezechiel. Hätte Johannes von einer kreisförmigen Stadtmauer gesprochen, dann wäre dies ein Widerspruch zu Ezechiel und die Vision des Johannes wäre bei ihnen nicht glaubhaft gewesen. Man darf sich also nicht zu sehr daran stören, daß er den Horizontalkreis als quadratisch beschreibt. Weiter schreibt Johannes, daß die Stadttore zwölf Perlen sind und jedes der Tore nur aus einer einzigen Perle besteht. Auf dem Horizontalkreis liegen die 120° Nebensonnen, deren Aussehen mit Perlen sehr gut übereinstimmt. Davon gibt es aber nur zwei und nicht zwölf. Nimmt man noch die Gegensonne und die Liljequist Nebensonnen dazu, kommt man allenfalls auf 5 Stadttore. Die Zahl zwölf beruht aber wiederum auf der Vorbild bei Ezechiel, der die heilige Stadt ebenfalls mit zwölf Stadttoren beschreibt (Ez, 48 30-34). Der Umriß der Stadt ist damit durch Halos beschreiben. Jetzt geht es um das Innenleben der Stadt. Johannes schreibt, daß die Stadt keinen Tempel hat. Die Stadt benötigt keinen Tempel, da der Herr und das Lamm ihr Tempel ist. Auch braucht die Stadt weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. Diese Textstelle bestätigt die bereits zuvor gemachten Ausführungen: Bei dem Lamm handelt es sich um die Kombination von 22°- Halo (Kopf), Nebensonnen (Augen) und oberen Berührungsbogen (Gehörn). Der Herr wurde bereits oben als Parrybogen, der auf dem oberen Berührungsbogen (Thron) sitzt, interpretiert. Außerdem wird die Identität von dem Gehörn des Lammes und dem Thron Gottes bestätigt. Der Parrybogen und der obere Berührungsbogen liegen innerhalb des Horizontalkreises, also aus Sicht des Johannes innerhalb der Stadt! Außerdem ist der obere Berührungsbogen bei einem vorwiegend von Säulenkristallen erzeugten Halophänomen der mit Abstand hellste Halo innerhalb des Horizontalkreises. Damit wird deutlich, warum Johannes sagt, daß die Stadt durch die Herrlichkeit Gottes erleuchtet wird und ihre Leuchte das Lamm ist. Darüber hinaus gibt das hörnerartige Aussehen einen Hinweis auf die Sonnenhöhe: Sie dürfte knapp 20° betragen haben. Bei den Bildern, die er zuvor beschrieben hat, stand die Sonne ähnlich hoch. Sie folgten also recht schnell aufeinander. Der große Bruch zwischen der Beschreibung des Bildes von dem großen weißen Thron und der Vision von dem neuen Jerusalem erklärt sich dadurch, daß er den Horizontalkreis erstmals vollständig bei tiefem Sonnenstand sieht und er deshalb einen neuen Himmel und eine neue Erde wahrnimmt. Dafür, daß die Beobachtung am Abend stattfand, spricht auch, daß der die Stadt vom Himmel herabsteigen sieht, denn mit der Sonne sinkt auch der Horizontalkreis dem Horizont entgegen. Worum könnte es sich bei dem Strom handeln? Johannes schreibt, daß der Strom vom Thron Gottes und des Lammes ausgeht und dessen Wasser klar wie Kristall ist. Der Thron ist der obere Berühungsbogen. Und von diesem Halo geht tatsächlich eine Haloart aus: Es ist Wegeners Gegensonnenbogen. Er verläuft bei dieser Sonnenhöhe vom oberen Berührungsbogen bis zur Gegensonne, also durch die ganze Stadt. Vermutlich begann nur einer der beiden Gegensonnenbögen direkt am Thron. Diese Haloart ist zwar selten zu sehen, aber sie paßt gut zu der Beobachtung eines hellen oberen Berührungsbogens, da er ebenfalls von Säulenkristallen hervorgerufen wird. Johannes weicht hier von der Schilderung der heiligen Stadt durch Ezechil ab. Bei Ezechil geht der Strom vom Tempel aus, bei Johannes vom Thron. Sieht man als Grundlage der Johannesoffenbarung eine Haloerscheinung, läßt sich diese Abweichung erklären. Wegeners Gegensonnenbogen ist weiß und lichtschwach, also nahezu durchsichtig. Der Vergleich mit Kristall ist hierbei durchaus zutreffend. Schwieriger ist die Zuordnung der Straße und der Bäume mit einem Halo. Dies liegt daran, daß Johannes nicht die genaue Lage in der Stadt angibt. Einen Hinweis gibt nur diese Textstelle: Zwischen der Straße der Stadt und dem Strom, hüben und drüben, stehen Bäume des Lebens (Einheitsübersetzung).
Die genaue Übersetzung aus dem Griechischen ist aber umstritten. Eine andere Übersetzung lautet so:
In der Mitte zwischen ihrer Straße und dem Strom, auf beiden Seiten (des Stromes) (steht) das Holz des Lebens...(Heinz Giesen). Giesen vermutet, daß Johannes sich die Lage der Straße so vorstellt, daß die Straße am Strom entlang führt und der Strom von beiden Seiten mit Bäumen umsäumt ist (S.474).
Beide Übersetzungen haben gemeinsam, daß jedenfalls auch Bäume zwischen der Straße und dem Strom stehen. Fraglich ist nur worauf sich das "auf beiden Seiten" bzw. "hüben wie drüben" bezieht. Bäume kann man mit der Farbe grün assoziieren. Außerdem tragen sie Früchte. Früchte sind ebenfalls farbig. Äpfel z.B. rot und Zitronen gelb. Es kann sich bei den früchtetragenden Bäumen also nicht um einen weißen Halo handeln. Als farbiger Halo kommt bei einer Sonnenhöhevon 20° der Zirkumzenitalbogen und der Supralateralbogen in Betracht. Wahrscheinlich waren beide Haloarten sichtbar, da sowohl Plättchenkristalle (120° Nebensonnen) als auch Säulenkristalle in großer Zahl (heller oberer Berührungsbogen) vorhanden waren. Natürlich haben diese Haloarten keine Ähnlichkeit mit einem Baum. Aber Johannes sieht die Stadt aus der Vogelperspektive. In diesem Fall ist es durchaus denkbar, daß er den Zirkumzenitalbogen und den Supralateralbogen als eine von oben betrachtete Baumreihe mit farbigen Früchten wahrnimmt. Damit sich diese Haloarten zwischen dem Strom (Wegeners Gegensonnenbogen) und der Straße befinden, kommt als Straße nur der andere Teil von Wegeners Gegensonnenbogen in Betracht. In diesem Fall bezieht sich das "auf beiden Seiten" auf die beiden Seiten der Stadt und nicht auf die beiden Seiten des Flusses. Damit wurden alle Bestandteile innerhalb der Stadt mit Halos identifiziert. Es fehlen nur noch die Grundsteine der Stadtmauer, die mit edlen Steinen aller Art geschmückt sind. Dabei kommt der rechte und linke Infralateralbogen in Betracht, der in allen Spektralfarben erstrahlt.
Zusammenfassend kann man sagen, daß die Übereinstimmung der Vision des Johannes mit einer Haloerscheinung erstaunlich gut ist. Er beschreibt die Nebensonnen als Feuerfackeln, den oberen Berührungsbogen als Thron, den Zirkumzenitalbogen als Regenbogen und die 120° Nebensonnen als Perlen.So ähnlich würde auch heute jeder Zufallsbeobachter diese Haloarten beschreiben. Johannes hat aus der Abfolge der Haloerscheinungen eine Geschichte gemacht und sicherlich noch einiges hinzugefügt, was er so nicht gesehen haben konnte. Aber dadurch läßt sich erklären, daß er die Aufeinanderfolge der Halos recht gut wiedergegeben hat. Anhand einer Geschichte lassen sich komplexe Abläufe sehr gut merken. Ein Erstbeobachter von Halos, der sich nur die Farbe, Höhe und die Form des Halos einprägt, würde den Ablauf eines großen Halophänomens sicherlich nicht so gut aus dem Gedächnis wiedergeben können wie Johannes. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Johannesoffenbarung wird der Zusammenhang zwischen der Johannesoffenbarung und einem Halophänomen bisher nicht gesehen. Allenfalls der "Regenbogen" wurde schon einmal mit dem Zirkumzenitalbogen in Verbindung gebracht. Hier tut sich aber eine ganz neue Sichtweise auf. Johannes beschreibt eine sich über den ganzen Tag erstreckende Haloerscheinung. Sie beginnt bei tiefstehender Sonne und endet bei Sonnenuntergang. Daraus ergeben sich neue Einsichten. So ist z.B. umstritten, ob der "Herrentag", an dem er die Vision beobachtet hat, ein frühes Osterfest ist oder die erste Erwähnung des Sonntages. Damit der Zirkumhorizontalbogen deutlich oberhalb des Horizontes steht, muß die Sonne auf Patmos mindestens etwa 68° hoch gestiegen sein. Dies ist in den Zeit von Anfang Mai bis Mitte August der Fall. Sollte es sich also um ein frühes Osterfest gehandelt haben, dann muß es in dieser Zeit abgehalten worden sein. An der Erlebnisechtheit der meisten Erscheinungen, die Johannes gesehen hat, besteht kein Zweifel. Eine so komplexe Abfolge von Figuren am Himmel kann sich ein Mensch kaum ausdenken. Die Erklärung, daß es eine Haloerscheinung war, liefert dafür die naturwissenschaftliche Begründung. Die Johannesoffenbarung ist damit eine der ältesten Schilderungen einer Haloerscheinung. Es gibt noch ältere, bisher ebenfalls noch nicht als Haloerscheinungen erkannte Berichte. Es sind die Visionen Daniels (Dan 7, 1-28; Dan 8, 1-27; Dan 10, 1-21), wobei es sich höchstwahrscheinlich ebenfalls um Haloerscheinungen handelt. Johannes hat Teile seiner Schilderung aus den Büchern Daniels übernommen. Die Erklärung dafür ist, daß Johannes sofort die Ähnlichkeit seiner Beobachtung mit den Visionen Daniels erkannte und sie daher für seinen Brief herangezogen hat. Daß die Grundlage seiner Schilderung die Beobachtung einer Haloerscheinung war, ändert nichts an der Aussage seines Briefes. Die Symbole, die er benutzt, beschreiben die Form des jeweiligen Halos, haben aber zugleich eine hintergründige Bedeutung. Welche Bedeutung den einzelnen Symbolen noch zukommt, bleibt Aufgabe der Religionswissenschaft. Zu hoffen ist aber, daß durch diesen Beitrag etwas mehr Sachlichkeit in die Diskussion um die Johannesoffenbarung kommt. Dies gilt vor allem f�r diejenigen, die derzeit wiedereinmal unter Berufung auf die Johannesoffenbarung den Weltuntergang postulieren. Falls diese Endzeitgläubigen jetzt beginnen den Himmel nach Halos abzusuchen, um darin einen Hinweis auf das "Jüngste Gericht" zu sehen, ist ihr Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Halophänomene, wie das von Johannes beobachtete, sind nicht so selten. Sie lassen sich weltweit dutzendfach im Jahr beobachten. Dementsprechend oft hättees dann aber schon zum "Jüngsten Gericht" kommen müssen. Literatur zur Johannesoffenbarung:
Heinz Giesen, Die Offenbarung des Johannes, 1997
Anton Vögtle, Das Buch mit den sieben Siegeln, 1989
Zusammengefasst von Mark Vornhusen 16.11.1998